Alle gewinnen und alle
verlieren in den Bildern, die kleinen Männer und die großen, die
belebten Dinge, die Puppen, die Tiere. Es kann nicht anders sein,
schließlich sind sie mit dem gebotenen Ernst bei der Sache. "Ich
denke", sagt Goran Djurovic (Jg.52) in einem Interview, "wir sind alle
am Verlieren, und das zu spüren ist traurig und sehr schön". Es gibt
ein dunkles Raunen in den kleinen Formaten, das von den Dingfiguren wie
von der intensiven Malerei kommt, ein Vorsichhinsprechen zwischen
scharfem Konstatieren und unbestimmter Drohung: Ihr werdet schon sehen.
Männer in Masken tragen erkennbar fremde Gesichter, Namen oder auch
nicht. Ihre Dienstkleidung - dunkler Anzug, weißes Hemd, Binder -
verweist auf Rollen, die übliche schmutzige Unschuld. Welcher
Dienstleistung sie nachgehen, welche und wessen Interessen sie in
"Exterior and Interior Dreams" folgen, bleibt Vermutung. In den Händen
halten sie Glasplatten oder Spiegel über ein Architekturmodell, eben
abgenommen oder im Begriff sie aufzulegen, die Dinge in ihnen oder
durch sie zu betrachten. Die kleinen Figuren vor und zwischen den
Gebäuden könnten die üblichen Männlein aus der
Architektenbedarfsartikelhandlung sein, Bautafelstatisten,
unkomplizierte Shopper, tot und glücklich. Aber es ist auch gut
möglich, sie leben da.
Masken und Glasplatten hat es öfter bei Djurovic, dazu kommen immer
wieder Aufziehschlüssel, mehrdeutige Blicke, ein Blinzeln, ein
geschlossenes Als-Ob, verhalten mitleidiger Hohn, Kichern und Blinzeln,
Schattenlichter, Dunkelheit. Große und kleine Leute begegnen
miteinander in Gehäusen und unter düsteren Himmeln, "Nach dem Regen"
reicht das Wasser bis ans Knie und weiter bis zum Horizont. Na und, was
ist schon Wasser? Vielleicht ein Glücksversprechen. Die Größe der
Figuren deutet Bedeutung an, benennt sie aber nicht. Der Erfrorene "Im
Schnee" ist vermutlich tot oder er schläft einem Tier etwas vor -
Pferd, Maus, Hund? - das Licht der Welt ist ein Streichholz oder eine
Einbildung, das Kartenhaus konkret wie ein Bunker.
Wieweit die Figuren wissen, in wessen Spiel sie spielen und gespielt
werden, behalten sie für sich. Es scheint aber, als wäre dieses Spiel
alles, was sie haben und als wüssten sie wenigstens das. Reisen ins
Unbekannte nennt Djurovic seine Arbeiten, eine Art kontrolliertes
Träumen: "Aber am Ende malt man doch immer sich selbst". Wie er das
macht, wäre ein Thema für sich. Es steckt großes Können darin und
Kenntnis, der Kunstgeschichte unter anderem, Goya, auch Hopper, diese
Art von Bereitschaft und Respekt.
In "Besuch im Künstlerdorf" fällt seltenes Sonnenlicht auf
biedermeierliches Gemäuer. Er und sie, etwas groß für die Umgebung und
selbst noch die grünende Linde, betrachten das Geschehen, wie es von
Museumsbesuchern erwartet wird, hier jedenfalls. Zu ihren Füßen stehen
kleine Figuren auf Standscheiben herum und tun, was sie müssen, reden
und gestikulieren, dienern oder wenden sich angestrengt ab. Was
geschieht hier? Nun, eben das. Jeder macht seinen Job. Djurovic, der
aus Serbien stammt und in Dresden studiert hat, träumt einen sehr alten
Traum. "Wenn du in den Menschen hineinsiehst, kann dir schwindlig
werden. Das ist toll." (Gregor Kunz, 2008)