Gregor Kunz

Aktive Spiegel
Giorgos Seferis, die Argonauten und und die Sprache der Engel


Man könne sich hier verlieren und werde dann verrückt, so S. Man könne auch anfangen zu verstehen. Wir sahen dem Meer zu, das bis Libyen reichen sollte, dann wieder den Eidechsen, die über den Sand rutschten, auf einen Melonenmond zu, Stücke abrissen und wieder davon ruderten, beides mühsam.
      Hier: Das waren grauer Sand und Kies, verbackener Stein, hell in der Sonne und rostfarben, glühend, Wind in Ästen und Insekten; das Meer lag da, eben noch vollkommen und dann wieder nicht, blau und so leer wie der Himmel. Keine Vögel. Und die Seele/ soll sie sich selbst kennen/ dann im Blick/ auf auch eine Seele... So weit war ich gekommen mit den Argonauten und S. und Giorgos Seferis: bis ans Meer. Gelesen hatte ich in den Texten vordem schon, aber es war nichts geblieben, nur ein Wissen: Das gibt’s also. Erst hier ging mich der Satz an, setzte sich fest und erschien fortan immer wieder, oft als Frage.

Es hatte hier einen Hafen gegeben, der großen Stadt im Innern der Insel zugehörend; Gesetzestafeln und Statuen hatten gestanden, große Häuser und Hundehütten weithin, Tempel, Kasernen und Bordelle, alles aus Stein. Hafen und Stadt sind seit langem verschwunden unter rotem Sand, zweifarbigem Olivenlaub, blauem Thymian, verschwunden mitsamt ihren weisen Regenten, egozentrischen Krämern, Straßenlaternen, mit den Toten und allen Göttern und fast allen Namen. Kretas Völkern gebot Idomeneus, kundig der Lanze: Allen, die Knossos bewohnt und das festummauerte Gortyn, Lyktos und Miletos, und das weiße Lykastos, Phästos und Rhythios auch, die volkreichen Städte, und allen andern, die sonst noch Kreta bewohnt in hundert Städten: Diesen herrschte voran Idomeneus, kundig der Lanze, auch Meriones, gleich dem männermordenden Ares. Ihnen folgten achtzig dunkle Schiffe. Wohin? In Trojas Verderben, das auch ihr eigenes wurde, mochten sie heimgekehrt sein oder nicht. So sagt es Homer.
      Fremd, wie ich war, wusste ich davon, kannte aber keinen der Bäume beim Namen, keinen Berg, keine Straße, keinen Stein. Aber das würde sich ändern. Die Eidechsen waren braun und verschieden groß, mal staubig, mal blank, hatten geknickte oder verkürzte Schwänze, fraßen Melone, und wovor sie Angst hatten, das war nicht ich. Namen sind Griffe an der Welt, und die Sprache der Engel, heißt es, bestünde aus Namen, ausschließlich. Hinten der Berg sah aus wie ein Löwe und rechts der andere wie ein Drache, und das Tier mit den traurig gefletschten Zähnen im Straßengraben hatte ausgesehen wie ein Dachs, tot und vertrocknet.
      Von Seferis hatte ich nur den Namen. Aber auch das würde sich ändern. Und auch die Seele/ soll sie sich kennenlernen/ muss in eine Seele/ schauen:/ den Fremden den Feind sahen wir im Spiegel. Niemand sieht sich im Spiegel. Fremd, wie ich war, wusste ich nicht, dass Seferis ein Fremder gewesen ist. Dein Blut gefror manchmal wie der Mond...

Den Berg am Meer hatte Talos gesehen, der bronzene Wächter der Küste, dreimal am Tag bis zu jenem, der seinen bronzenen Augen die Argo zeigte, darauf noch 44 Männer und eine Frau, Medea, Enkelin der Sonne. Geblendet stürzte der Riese, zerschlug sich den Knöchel und vergoss sein weißes Blut in den Felsen. Ich habe es gesehen. An den Tagen um den Vollmond lag es nachts als Licht an der Küste, eingefasst vom dichten Schwarz der scharfen Schatten: … in der unausschöpflichen Nacht breitete dein Blut/ seine weißen Flügel aus über/ die schwarzen Felsen, die Schatten von Bäumen und Häusern/ mit einem schwachen Schein aus unserer Kinderzeit. Und immer dann schrien Leute ihr Leid, ihre Angst, ihre Wünsche in die Brandung, all das, was sie geworden sind und nicht ertragen.
      Kinder? Eben nicht. Wenn er Dein sagt und wenn er Blut sagt, spricht Seferis von Seferis, schreibt eine Erfahrung. Was ich erfahre, wenn ich darin lese, ist noch einmal etwas anderes, Seferis, aufgehoben in der Stimme/Erfahrung und im Vermögen seiner Übersetzer, hier Christian Enzensberger und Asteris Koutoulas. Dein Blut vereiste einst wie der Mond,/ in einer unerschöpflichen Nacht dein Blut, breitete seine weißen Flügel über/ die schwarzen Felsen die Formen der Bäume und die Häuser/ mit ein wenig Licht aus den Jahren unserer Kindheit. Nur mehr mit den Augen aufnahmefähig, bin ich bei den Griechen taub und für die Griechen auch noch stumm, ich kann kein Griechisch: ...in jedem Alter ist der Mensch ein Säugling,/ die Sanftheit und das Tierische der Wiege... Schade oder auch nicht. Eine Welt ohne Namen ist die Welt zu machender Erfahrung.
      Am letzten Tag auf der Insel, in diesem oder einem anderen Jahr, trieben Trümmer auf dem Wasser, weiß und blau bemaltes Holz. Polizisten standen oben am Berg. Es habe Tote gegeben, würde es später heißen, als das Kaiki am Kopf des Drachen zerbrach und die Flüchtlinge im Meer verteilte. Dann, 24 Stunden später, sah ich im Schatten der Fähre eine Schildkröte, einen Rochen und einen Delphin, alle auf dem Weg nach Piräus..

Was suchen denn unsere Seelen reisend/ auf verfaultem Meergehölz/ von Hafen zu Hafen? Skala tou Vourla, Smyrna, Athen, Paris, London, Athen, London, das albanische Koritza, Athen, Alexandria, Kairo, Pretoria, Cava die Tirreni, Athen, Istanbul, London, Beirut, London, Athen... Seferis hat es herumgezogen in der Welt wie ehedem Herakles, Iason, Odysseus. Wir haben das Leben das wir zu leben hatten gelebt, spricht mit ihren Stimmen die seine. Odysseus, Iason, Herakles hatten nur die Wahl, ihr Schicksal anzunehmen oder zu erleiden, so wie die Götter Homers es ihnen zugesponnen. Seferis hätte anders wählen können, ein anderes Schicksal, unbehelligt von den nunmehr Unzuständigen, den Moiren. War im Spiel ein Spieler, nicht nur Ball, war ein Spieler unter vielen und war ein Objekt wie viele, im Zugriff von Mächten und Menschen, der Geschichte und der Identitäten, Grieche unter Griechen... Hatte er oder hatte er nicht?
      Im August 1914, als wir Smyrna verließen, war ich vierzehn Jahre alt. Ich hatte sehr lebendig das Gefühl in mir, was das heißt: Sklaverei. In den beiden letzten Sommern waren wir nicht in die Sommerfrische an die See gefahren nach Skala tou Vourla, das für mich der einzige Ort war, den ich – selbst jetzt noch – Heimat im ureigentlichen Sinne des Wortes nennen kann: der Ort, wo meine Kinderjahre gewachsen und gediehen waren.
      Smyrna, das war die unerträgliche Schule, die toten regnerischen Sonntagnachmittage hinter der Fensterscheibe, das Gefängnis. Eine Welt, unverständlich, unerträglich und verhasst. Skala war alles, was ich liebte.

      Dem 1900 unter Osmanischer Herrschaft geborenen Giorgos Seferiades lag der Rechtsanwalt nahe und die Literatur, beides vom begüterten Vater her, der Jurist war und Literat; die Zeiten aber, in denen diese Biografie vorausschauend hätte angelegt werden können, waren vorbei. Was Seferis Sklaverei nennt, eine Atmosphäre der Bedrohung und der begründeten Furcht, vertrieb die Familie nach Athen, in Athen empfing die Türkenbrut Fremdenfeindlichkeit, in Paris waren sie endlich Griechen, Fremde unter Fremden. So ist es für Seferis geblieben, in Athen und in den anderen fremden Städten. Er, der Dichter werden wollte, studierte Jura und wurde 1926 Beamter im auswärtigen Dienst, diente loyal knapp vier Jahrzehnte lang den wechselnden Cliquen einer politischen Klasse, die er verachtet hat. Und er diente der Dichtung, zwei Herren also, worüber er sich im klaren gewesen ist, mehr oder minder: Um sich der Sprache widmen zu können, braucht man Geld.

Distanz wird sein Leben, Herkunft und Heimatlosigkeit, Furcht und Schutzbedürfnis dürften seine Berufswahl bestimmt haben, auch der Wunsch und die Illusion, dennoch dem Lande zu dienen. In meinem politischen Leben empfand ich, in den meisten Fällen, großen Ekel. Trotzdem habe ich niemals aufgehört, mit der ganzen Wärme meines Herzens an den „Hellenismus“, das Griechentum, zu glauben, der die andere Seite meines Humanismus ist, jedenfalls wie ihn mein Charakter und die Zufälle des Lebens geformt haben.
      Seferis lebte in einer Art Spiegelkabinett und in der heroischen Routine einer Doppelexistenz, die zugleich Versteckspiel war. Unter den Fratzen, die er sah, sah er auch sich selbst, notwendigerweise – wäre es anders gewesen, hätte der Apparat ihn ausgeschieden oder gar nicht erst angenommen. Ohne Glauben an eine höhere Instanz hätte er das – und sich - kaum durchgehalten und für die Wahrnehmung seiner selbst, der Griechen wie der Welt, hatte das Folgen.
      Im autobiografischen „Manuskript von 1941“ fallen entsprechende Leerstellen auf. So nimmt er in dieser „Rechenschaft über sein bisheriges Leben“ (Gisela von der Trenck) das Problem der sozialen und wirtschaftlichen Struktur Griechenlands kaum zur Kenntnis, und, was noch seltsamer ist, auch von den Verheerungen der Weltwirtschaftskrise nur das augenfälligste Ergebnis wahr, den Wechsel seiner Dienstherren: in Europa und auf dem Balkan stand die Zeit im Zeichen des Konservatismus und des Despotismus. (…) das griechische Regime war selbst faschistisch. Auch von seiner Kenntnis der Verfolgungen im Land unter Metaxas zeugen nur einige sehr allgemein gehaltene Bemerkungen.
      Zum anderen suchen offensichtlich der Dichter und der um ehrbare Neutralität bemühte, überdies sehr tüchtige Diener gleichermaßen verzweifelt nach menschlicher Größe, nach großen Seelen oder wenigstens politischer Statur. Gesehen haben sie Mediokritäten, kleine Figuren, Mittelschichtexistenzen, die alles sein können, weil sie nichts sind: alle gleich, hohl, unbedeutend, schädlich.
      Vor diesem Hintergrund schreibt er mit griechischem Material und den 4000 Jahren greifbarer Geschichte die Gedichte eines Griechenland, das es nicht gibt, und einer Welt, die es nicht gibt, schreibt er Gegenwelten und wird er von ihnen geschrieben. Vor diesem Hintergrund strahlt die „Dunkelheit“ der Gedichte und erklärt sich auch der vergleichsweise schmale Umfang seines Werks. Dieses existenzbelastete Welt-Erschreiben kostet, dieses Bewegen des Materials (Identitäten/Mythen/Geschichte/Bilder...) zehrt und zerrt, und wenn seine Möglichkeiten im Gedicht gültige Realität geworden sind oder Gegen-Realität, aktive Spiegel, verhalten sie sich auch so.
      Aber anders wäre es – für Seferis – nicht gegangen und anders wäre von Seferis nichts geblieben. Kunst verträgt keine Unehrlichkeit, das unterscheidet Kunst und Leben. Wir haben das Leben das wir zu leben hatten gelebt... Hier spricht ein Wunsch und steht eine Frage: Wir? Wer ist das? Wieder ein Wunsch, der aus der Existenz kommt und auf sie zugreift. Wahl ist wohl nicht das richtige Wort für die Wahl des Giorgos Seferis, und die Moiren, als sie noch zuständig waren, hatten ihr Gutes, sie ließen keinen Platz für Reue.

Den Titel Mythistorima habe ich gewählt, weil ich von einer festen Mythologie offen Gebrauch gemacht habe und weil ich darin, in einer gewissen Folgerichtigkeit, innere Zustände mitteilen wollte, die mit mir sowenig zu tun haben wie die einer Romanfigur. So wird es gewesen sein, aber was hinter dem letzten Komma steht, dementieren die Gedichte. Erschienen ist die Sammlung 1935 in Athen, geschrieben wurden die Texte vermutlich in London. Von einem noch jungen Mann, könnte man sagen, hieße der nicht Seferis, oder einem lange Alterslosen, wie es die älteren Heroen der Griechen ja waren.
      Nur wenige Namen in den 24 Gedichten rufen die Mythen direkt auf, über den Titel oder scheinbar beiläufig im Text gesetzt. Aber in Bild und Narration und wieder in den Titeln entfalten sich Geschichten und Geschichte, die ihrerseits Namen aufrufen, ausgreifend in der Zeit nach beiden Seiten. Manchmal beweinten Weiber im Elend/ jammernd ihre verlorenen Kinder/ und andere rasten und suchten nach Alexander/ und nach versunkenem Ruhm in der Tiefe von Asien. Das ist unter anderem Seferis’ Gegenwart, die „Kleinasiatische Katastrophe“ 1922. Unfähigkeit und Größenwahn führten eine griechische Armee nach Anatolien und in den Untergang, das kleinasiatische Griechenland ging danach blutig zugrunde. 1,5 Millionen Griechen und 500.000 Türken wurden vertrieben, viele umgebracht.
      Der Titel Hydra verweist auf Herakles und seine Wege in die Anderwelt, die Asche – was hast du gesucht in der Asche – ist dann auch die seine. Die versunkene Stadt ist Troja, ist Smyrna, ist Gortyn, verschwunden unter Olivenbäumen, oder dieser riesige Haufen Steine am Rande des Dresdner Hellers, bewachsen mit Ahorn und Eschen. Der Nazarener aber ist der Nazarener, das Meer ist das Meer, eben dieses, jetzt und geschlagen von den Rudern der Argonauten. Das Meer das zu Zeiten deiner Seele so bitter geschmeckt... Und, was habe ich denn gesucht in dieser Asche, in diesem Meer und in den Seelen? Oder gefunden anstatt? Verwaistes und Halt, einen Nagel der Argo und Antworten, zu denen die Fragen gefehlt haben.
      Die Namen bilden Muster, gruppieren sich um das Unglück Troja (weiser Homer!) und das verfluchte Geschlecht der Atriden zum einen, zum anderen weisen sie auf die Wege zwischen den Welten, Leben und Tod, vielfach begangen von Herakles, Iason, Odysseus. Fern bleiben die Namen der Götter, nur die Rasenden, Rächenden werden genannt, die Unschuld nicht kennen und Schuld niemals vergeben, dem Ödipus nicht, dem Orest und auch sonst niemandem. Auf die Bahn, und wieder die Bahn, die Bahn,/ wie oft die Umdrehung, wie viele blutige Runden, wie viele/ Reihen schwarz von Menschen die mir zusehen,/ die mir zusahen als ich auf dem Wagen/ leuchtend die Hand hob, und jubelten. Bei Seferis heißen die Erinyen Eumeniden = die Wohlmeinenden, aus gutem Grund, wie ich glaube, und mit gutem Grund dösen sie vor sich hin, da es Orest ist, der sie umkreist in Athen: ich heimatlos...
      Seferis ist nicht Orest, aber er scheint sich auszukennen. Und natürlich sind sie da, die Götter, wohlmeinend oder auch nicht. Das eigentliche Ziel des Dichters ist nicht, die Dinge zu beschreiben, sondern sie benennend zu erschaffen, das ist, denke ich, auch seine größte Freude. O ja.

In meinem achten Lebensjahr sah ich die Argonauten das erste Mal. Ich bekam die Götter- und Heldengeschichten der Griechen geschenkt, für Kinder erzählt und gedruckt in Rumänien. Sie waren anders, als die Märchen, die ich kannte. Ihnen fehlte dieser Sirupgeschmack und sie nahmen kein Ende, weder im Guten noch im Bösen.
      Wenn ich den Argonauten danach begegnet bin – bei Schwab und Hermlin, Kerényi, Müller und Ranke-Graves – waren es immer andere, weniger und mehr, wenngleich immer von Iolkos ausgefahren und angeführt von Iason, diesem seltsamen Helden... Gute Jungs waren die Gefährten, sie murrten nicht/ über die Mühsal, nicht über den Durst noch die eisige Kälte/ sie hielten sich nach Art der Bäume und Wogen/ empfingen den Wind und den Regen/ empfingen die Nacht und die Sonne/ ohne sich zu ändern in der Veränderung.
      Herakles und seine kleinere Inkarnation Iason verändern sich zwischen den Welten. Als grimmig Verwandelter kehrt Herakles aus dem Hades zurück, ein Marodeur und Mörder. Iason pflügt in der Anderwelt bei den Toten und gewinnt das Goldene Vlies, beides nur durch die Hilfe der Medea, an die er verloren geht, von der ersten Begegnung an. Einen Verrat später verliert er Königtum, Frau, Braut und Kinder. Gehasst von Göttern und Menschen, stirbt ein Wrack unterm Wrack der Argo. Sonderbar ähnlich bleibt sich nur der Jüngste der Reisenden, Odysseus, obwohl auch er in den Hades gegangen ist und nun ein zweites Mal sterben muss, wie Kirke, die Sonnentochter sagt, während die andern Menschen nur einmal sterben. Aber es ist viel Tod um ihn, für Feinde, Gegner, Konkurrenten, Freunde und Gefährten, als wäre er, der Verhasste/Zornige, das, was er bringt. Einmal sangen sie, mit gesenktem Blick/ als wir an der menschenleeren Insel mit den Feigenbäumen vorbeifuhren/ tief im Westen, noch hinter dem Kap der Hunde/ die bellen.
      Seferis spricht nicht von Iason. Aber wer die Mythen aufruft, bekommt sie im Ganzen. So spricht Seferis, wenn er von den Gefährten spricht, auch als Iason und im Namen der 50 Kameraden, der guten minyischen Jungs, von Akastos bis Zetes. Wovon? Gute Gedichte sprechen immer wieder auch von anderem, je nach dem, wann sie wem begegnen, glücklich oder unglücklich. Aber, denke ich nach meiner letzten Begegnung mit den Argonauten des Seferis am Stadtrand von Berlin, im kleinen Meer von Zeuthen, das aus kleinen Würfeln gemacht ist, und unterm Vollmond, der von Talos nichts weiß: Sie sprechen vom Leben des Menschen, und auch davon, dass mit dem menschlichen Schicksal, dem menschlichen Elend würdig umzugehen sei.
      Wir fuhren vorbei an vielen Kaps vielen Inseln am Meer/ aus dem das andere Meer kommt, an Möwen und Robben/ an verzweifelten Frauen vorbei, die schluchzend/ um ihre verlorenen Kinder weinten/ und anderen, zornigen, die nach Alexander dem Großen suchten/ und nach Ruhm, versunken in den Ebenen Asiens./ Wir legten an vor Küsten voll nächtlicher Düfte/ mit dem Gesang der Vögel, Wasser, die auf den Händen hinterließen/ die Erinnerung an ein großes Glück./ Aber die Fahrten nahmen kein Ende./ Ihre Seelen wurden eins mit den Rudern und Dollen/ mit dem strengen Gesicht des Bugs/ mit der Rinne des Steuers/ mit dem Wasser, das ihre Gestalt zerbrach./ Die Kameraden endeten einer nach dem anderen/ mit gesenktem Blick. Ihre Ruder/ zeigen die Stellen, wo sie schlafen am Ufer.// Keiner erinnert sich an sie. Gerechtigkeit. Ohne Sinn ist schwer leben.


In: die horen 249,1/2013
"Sogar dann, wenn jeder Himmel fehlt ..."
Auf der Suche nach einem verlorenen (Griechen) Land,
Zusammengestellt von Asteris & Ina Kutulas
Mit Zeichnungen von Ilan Manouach


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