Liebesgedicht


Aus Dunklem gewachsen, aus der Tierpflanze Dunkel,
mit der Sonnenuhr stetem Gewisper. Es währt.
Weiß war die Sonne, man sieht's an den Steinen;
in der währenden Aura der Stille (weiß in der Sonne,
      man sieht's an den Statuen)
von der Aura des Lidschlags verdeckt.
Das Kind hat die Schiffe gekannt, ihre schartigen, rostigen Ränder;
von dort seine Härte bezogen, wie Knochen die ihre und Du
      deinen Vorrat: genug.

Federaugen, Doppelpunktaugen, gesetzt vor das Wort und dahinter,
Augen im Fragenstapel, Ausrufungszeichen nach Trauer und Schlaf.
Gesammeltes Weltstück hinter den Fenstern, Stadtkanten gespiegelt
unter der Brauen nie endendem Sprung, dem Sprung gegeneinander,
      dem Funkenreiben über Täler hinweg,
über Sandstein und Reif. Seevogelaugen im Zugriff und braun,
strichbraun bewegt, im Gang mit den Waldkantenschatten - nicht schnell

Aufgerichteter Rücken, Chorherrenmantel, gefaltetes Ginkgoblatt;
darunter das Umkehrboot in den Flüssen, dein Mund treibt,
Höhlenwohnung der Zunge, Wortführer der Fingerspitzen,
Doppelbogen aus Gesten und Morgen, vereinigte Lippen im Namen,
im Namen der Lerche: ein furchtloser Schneefeind.

In freier Vereinigung, wenn wer wen stützt, mit der Hand in der Spitze.
(Die Achtung vor Totem kommt immer zu spät, die Achtung vor Leben
      braucht Gründe.)
Dein Kinn überm Graben ein Dreipunkt, Lafette.
Gemessen vom Hirn her, die Tonleiter ihr Zeitstück spielt,
dein Schlangenköpfchen im Kopf auf der Lautfolge, dein Werkstück,
      dein scharfes Gerät.

Hände, Arme, Schultern und in den Gelenken wohnt Blau.
Arme aus Anfängen gemacht, Seiltrick und offener Satz, weiche Kette,
      Lichtbogen und Kartenband,
vom Schwirrholz deines Brustbeins aus, zum Gefieder
      deines Brustkorbs zurück.
Delta und fünfköpfige Drachen, deine Hände ein Handschlag, ein Streicheln
      und fünffacher Doppelbegriff.
Vogelflug im Regen, Streitstrahlen und Sonnengewimper, das Pochen des
      Kummers und bißfest,
dein Werkzeug, das seinen Kasten mit den Ängsten verlor
oder teilte, das zarte Schwingen deiner Schlüsselbeine.
Hände, Arme, Schultern und in den Gelenken dein Blau bittet, verspätetes Rot
      und sehr frühes.

Windreif und zwiefacher Aufgang, ein Flüsterspeicher
      deine Brüste,
ein Doppeldruck, augenhaft und beharrlich, im Sog und im Sprung
      über den Zaun,
ein Herbstlicht im Vormittagssommer, die vergrabene Uhr.
Die Acht denkt, das Grasland erinnert und Meerschaum, Kalk an der Küste;
      das Blau seinen Halt hat, an Montag und Sand.

Mehl und Kiesel zum Halbmond verkettet, mit weißem Kraut
      zum Vollmond gespiegelt;
sanft wiederholt in der Rundung dein Bauch seine Tage, den Seespiegel,
      eben getroffen: von Stein oder Brotstück.
Von Atem geformt, von Zeit und Fingerspuren, gefärbt vom kauenden Mund,
      von Schlucken erhellt;
Heimstatt - die letzte - der Religionen; Maschinenraumecho,
      das Echo der Därme.
Die Furchen sind alt, die Narben waren nicht zu vermeiden.

Federn in Ballen gepresst, geteilt wie jedes Tier,
schön wie die Begegnung zweier Erdteile, zweier Flügeldecken,
schön wie die Begegnung, wie das Licht zwischen den Stämmen.
Dein Hintern das Gehen bezwinkert und das seine
der verborgene Stern, nicht von Bethlehem: Blüte der göttlichen Birne

Beine, die Wasserkunst, von den Füßen an aufwärts, in Lüften;
einsam noch in Gesellschaft die Knie, geriebenes Katzenfell, Quarz
      ausgewittert, das ältere Blau.
Subjektträger und Objekt; die Geschichte geht weiter, hangauf, fällt der Regen,
wie ins Gefiedel des Schienbein geschrieben: Als du noch tot warst, Mineral
      oder Borke, ein Wasser.
In den Schritten gehen Schwanken und Zwang, gehen Wünsche und Folgen,
gefolgt der Zungenspitze, dem Bildlicht, Geschlecht,
wie immer: Einsam unterm Schädeldach.

Glashütte und dunkle Wölbung, dran zittern verdoppelt die Tiere, sichtbar
geht das Licht nach der Art der Umarmung... Weiß, aber man sieht's nicht.
Da die Liebe gemacht wird, zu zweit, und dem Schmerz bezogen das Bett,
der Freude vier Pfähle gestellt zu vier Händen, der Freude
      ein Trittstein....
Küsse und klappernde Löffel und Güte, dein guter Geruch.

Warum Du, warum ich? Aber es stimmt,
es ist richtig, kommt immer ein Neues, das Sprechen,
ein Wunder hinzu: Ungleich ist es aus Unglück gewachsen.
Auf dem Skelett und in seinem Feld, dem gewölbten, der Schale.
Also Vorsicht. Nie genug hat der Körper


Juni-Sept. 2003



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